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Verhalten von Kurslücken, eine statistische Betrachtung

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Verhalten von Kurslücken, eine statistische Betrachtung

Ein eigener Abschnitt nur für Kurslücken (Englisch: Gaps)? Ja, denn diese Lücken treten sehr viel häufiger auf, sind also alles Andere als eine Seltenheit. Daher wollen wir uns auch mit ihnen etwas näher beschäftigen. Zudem geistern, wie bei allem was mit Aktien und Börse zu tun hat, jede Menge Halbwissen herum.

dax gap 2015

Betrachten wir das obige Bild. Der Dax an einem beliebigen Tag. Zur Eröffnung springt der Kurs mit einem gewaltigen Satz nach oben. Was also machen wir jetzt? Da gibt es ja einige Ansätze, die zumindest ich häufiger gelesen/gehört habe. Dazu gehören:

  • Short gehen, also den DAX verkaufen, denn Kurslücken werden auf jeden Fall geschlossen.
  • Long gehen, also den DAX kaufen, denn diese „Aufwärts-Gap“ ist ein Zeichen von Stärke und es wir weiter steigen.
  • Short gehen, denn es liegt ein übergeordneter Abwärtstrend vor und hier bäumen sich die Bullen ein letztes mal auf.
  • ...

Welchen Ansatz man jetzt verfolgt ist jedem selbst überlassen. Aber fangen wir wie immer klein an.

Eine Kurslücke (Gap oder auch Window) liegt vor, wenn der Markt mit einer Differenz zum letzten Kurs des Vortages in den Handel startet. Hierbei werden Lücken nach unten (down gap / falling window) und nach oben (opening gap / rising window) unterschieden. Das zahlenmäßige Auftreten von Kurslücken wird häufig unterschätzt, weil diese Gaps in Liniencharts nicht sichtbar sind. Hier hilft es Kerzen- oder Balkencharts zu verwenden, denn da werden die beiden Kurse getrennt voneinander dargestellt.

Damit eine Kurslücke im Tageschart sichtbar ist, muss der Markt außerhalb der Spanne des Vortages eröffnen. Das kommt naturgemäß häufig vor, wenn der Markt am Vortag in der Nähe seines Tageshochs- oder tiefs geschlossen hat. Besonders auffällig sind Kurslücken wenn der Markt während es gesamten Handelstages außerhalb der Spanne des Vortages notiert und die Kurslücke somit in der Sitzung nicht geschlossen wird.

Diese besonders auffälligen Kurslücken sind nur ein Teil der insgesamt auftretenden Gaps.

Ein Problem für den investierten Aktienanleger können die größeren Kurslücken schnell werden. Eine Beobachtung, die sich machen läßt, betrifft das Auftreten von Gaps an Unterstützungen und Wiederstandden. Oftmals kann man bepbachten, wie sich ein Kurs an einer der beiden Linien die Zähne ausbeißt und dann am nächsten Tag die Hürde einfach per Gap nimmt, also bereits weiter oder unter der Linie eröffnet. Denn alle Stop Orders, die sich in der Nähe befunden haben sind zu Marketorders geworden und werden bestens ausgeführt und verstärken die Kurslücke noch.  

Wie bereits in der Einleitung angesprochen finden sich über die Vorhersagequalität von Kurslücken in der gängigen Literatur unterschiedliche und zum Teil widersprüchliche Aussagen. Also wollen wir einen kleine Ausflug in die Statistik machen. Wer sich mit der Materie nicht auseinanderssetzten will, für den haben wir hier einen Spoiler,

Große Kurslücken (um die 5%) werden zu 25% noch am selben Tag geschlossen. Kleine Kurslücken (bis zu 1%) werden zu 25% später geschlossen. Dabei sind 80% der Gaps innerhalb von 20 Handelstagen geschlossen. Das Schließen von großen Lücken dauert deutlich länger (wenn sie nicht schon am selben Tag geschlossen wurden). Bei Lücken von 5% sind 80% erst nach 60 Tagen geschlossen.

Eine statistische Betrachtung von Gaps

WIe immer für statistische Betrachtungen im Rahmen der Börse haben wir unseren Datensatz der Werte im S&P500 der letzten 30 Jahre herangezogen. Wir wollen die Gaps nach Größe betrachten, also wie Groß ist der Abstand zwischen Vortages-Schlusskurs und heutigem Eröffnungskurs. Und wir wollen betrachten, wann das Gap geschlossen wurde. Hierbei unterscheiden wir nach sofortigem, also am selben Tag, und nach späterem, also dem zukünftigen Schließen der Lücke.

Werden alle Kurslücken geschlossen?

Um diese Frage zu beantworten schauen wir uns eine Tabelle an, die zeigt wann eine Lücke geschlossen wurde in Abhängigkeit ihrer Größe.

gap size closing

Wir sehen, dass kleine Kurslücken (bis 1%) in der Regel zu 3/4 aller Fälle noch am selben Tag geschlossen werden. Wohingegen größere Lücken ab etwa 5% in 1/4 aller Fälle noch am selben Tag geschlossen werden. Wir sehen aber auch, dass mit zunehmender Größe der Lücken auch die Anzahl der immer noch bestehenden Lücke größer wird. Hierbei müssen wir aber auch die Signivikanz der Zahlen berücksichtigen. Wir haben ca 2,1 Mio Kurslücken zwischen 0% und 1%. Bei den Lücken zwischen 9% und 10% sind es nur noch ca 1500, und davon dann ca 100 die immer noch offen sind. Wie bei allen statistischen Betrachtungen muss man auch die Zahlen korrekt interpretieren und in diesem Fall würde ich der Anzahl der offenen Lücken keine so große Bedeutung beimessen.

Zusammenfassend können wir also feststellen, dass so gut wie alle Kurslücken früher oder später geschlossen werden, wobei die Größe einen Einfluss auf den Zeitfaktor hat. Deshalb wollen wir uns genauer mit der Dauer beschäftigen, die es braucht um Gaps zu schließen.

 

Wann werden Gaps geschlossen?

Als Unterstützung zur Beantwortung der Frage hier eine Tabelle, die die Anzahl der Lücken nach Größe zeigt und zusätzlich Details zu den Lücken, die nicht am selben Tag geschlossen wurde, sondern erst später.

gap close statistics

Wir sehen eine Abhängigkeit zwischen Größe der Kurslücke und der durchschnittlichen Dauer sie zu schließen. Große Lücken benötigen fast 3 mal soviele Handelstage um geschlossen zu werden als kleine Lücken. Deutlicher wird diese Betrachtung, wenn man schaut, wie lange es braucht 80% (blau) bzw 90% (rot) der Gaps zu füllen. 

Wir können sehen, dass bei der Betrachtung von Lücken ( > 0%) bereits nach 20 Tagen 80% aller Lücken geschlossen sind. Betrachten wir nur Lücken, die größer als 2% sind, dann dauert es 1,5 mal so lange, 33 Tage, bis 80% der Lücken geschlossen sind. Wir können also erkennen, das kleine Lücken schneller geschlossen werde als größere Lücke. Natürlich nur, wenn die Kurslücke nicht bereits am selben Tag geschlossen wurde. 

Wenn also weder Schnäppchenjäger noch das schnelle Geld gelockt hat, wenn also eher trendentscheidene Ereignisse statt gefunden haben, bleiben Lücke auch länger offen. Wenn sich also einmal ein Trend in Bewegung gesetzt hat nach einem Gap, dann läuft er auch. 

 

Gibt es einen Unterschied zwischen Aufwärts- und Abwärtslücken?

Ja - den gibt es, er ist aber für unsere Betrachtung von geringerer Bedeutung, weil er sich in einer statistischen Grauzone befindet. Es geht um die Gaps, die noch offen sind. Die statistische Signifikanz ist nicht hoch, da die Anzahl deutlich geringer ist, als die bereits geschlossenen Gaps. Im Detail kann man sehen, dass die durchschnittliche Zahl von offenen Gaps nach oben drei mal so groß ist wie die nach unten. Aber wie gesagt, hier ist auch die absolute Zahl zu sehen, die klein ist im Verhältnis zu den übrigen Gaps.

Die reine Anzahl von Lücken ist hälftig bei allen verschiedenen Größen. Zudem werden Lücken nach unten etwas schneller geschlossen im Durchschnitt, etwa 10% schneller.

 

Was können wir mitnehmen?

Die oben genannten Werte sind Durchschnittswerte und sollen uns helfen die Tendenzen herauszuarbeiten damit wir relevante Information für unser Handeln finden.

Zwei Aspekte stechen relativ schnell heraus:

  1. Wenn wir alle Lücken, egal wie klein oder groß betrachten, dann sehen wir, dass so gut wie alle Kurslücken, die irgendwann gerissen wurden, auch wieder geschlossen werden. Kleine Kurslücken sind recht häufig und meist kleiner, als die Range in der eine Aktie normalerweise gehandelt wird. Solche kleinen Kurslücken verschwinden dann einfach im Rauschen in den folgenden Tagen.
  2. Desto größer die Kurlücke, desto eher bleibt sie offen. Eröffnet eine Aktie mit einem großen Gap nach unten, kann man häufig die sogenannten Schnäppchenjäger sehen, die sich eine solche Gelegenheit nicht entgehen lassen wollen und die Aktie wieder hoch kaufen, aber geschlossen wird sie dadurch selten.