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Sigma Delta

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Sigma Delta

Wir nutzen gerne einfache und übersichtliche Darstellungen von Daten für unsere Analysen. Heute möchten wir eine Darstellung vorstellen, mit der wir für Märkte aber auch einzelne Assets überverkaufte und überkaufte Situationen visualisieren. 

Der "Moving Average Spread"

Als Grundlage nehmen wir den einfachen, gleichgewichteten gleitenden Durchschnitt der letzten 50 Tage, kurz den SMA(50d). Wir unterstellen, dass ein Aktienkurs normalverteilt um diesen Mittelwert schwankt. Es gibt Zeiten, in denen er über dem Durchschnitt notiert und es gibt Zeiten, wo er unter dem Durchschnitt läuft. Getreu dem Bild von Kostolany und seinem Hund. Daraus folgt, dass der Kurs sich nicht zu stark von seinem Mittelwert entfernt. Natürlich gibt es Situationen, in denen sich etwas grundlegendes in einem Unternehmen oder Asset ändert - aber diese Sonderfälle wollen wir hier außen vor lassen. 

Standardabweichung

Die Frage, die sich nun stellt ist: Wie weit kann der Kurs vom Mittelwert entfernt sein? Hier hilft uns die Annahmen, dass die Schwankungen normalverteilt sind. Hier finden Sie weitere Information zum Thema Normalverteilung (-> Link). Wir können also eine gewisse Wahrscheinlichkeit angeben, bei welcher Entfernung der Kurs zurück zum Mittelwert laufen könnte. Anhand der Standardabweichung (σ) des Kurses vom Mittelwert ergibt sich folgende Tabelle:

  • Im Intervall der Abweichung  vom Erwartungswert sind 68,27 % aller Messwerte zu finden,
  • Im Intervall der Abweichung  vom Erwartungswert sind 95,45 % aller Messwerte zu finden,
  • Im Intervall der Abweichung  vom Erwartungswert sind 99,73 % aller Messwerte zu finden.

Wenn wir jetzt ausrechnen, wieviele Standardabweichungen der Kurs vom Mittelwert entfernt ist, dann wissen wir auch, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Wert weiter fällt, bzw. steigt. Also Beispiel: Ist der Kurs bereits 2σ vom Mittelwert entfernt liegt die Wahrscheinlichkeit bei etwa 4%, dass er weiter steigt (99,73-95,45). 

Statistik

Macht man sich die Arbeit und nimmt einfach die Werte im S&P500 und rechnet aus, wie hoch denn die Abweichungen im Schnitt sind, dann erkennt man, dass die einfache "Bell-Curve" nicht ganz getroffen wird. Als Anmerkung sei erwähnt, dass wir 3,5 Mio Datensätze untersucht haben. Aber auch bei einer deutlich geringeren Menge an Werten sind die Zahlen vergleichbar. Wir sehen eine Verzerrung in Richtung der positiven Standardawbweichung.

SIGMADELTA50DSMA

Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass Aktien über einen langen Zeitraum eher steigen (im Schnitt). Unternehmen haben eine Interesse, die Profitabilität (Gewinn/Umsatz) zu steigern. Eine Anmerkung noch zu der Tatsache, dass es sich um amerikanische Aktien handelt: In den USA sind Dividenden nicht so beleibt, da sie anders besteuert werden. Stattdessen werden Aktien zurückgekauft. Dies fördert auch Kurssteigerungen. 

Die deutlich relevantere Erkentnis ist aber die Verteilung und damit wieviele Messwerte zwischen -1σ und +1σ liegen, genauso 2σ und 3σ. Hier sehen wir eine Abweichung der Werte, die wir nach einer Normalverteilung erwartet hätten. Hier sehen wir auch den Einfluß der Länge des gleitenden Durchschnitts:

  SMA10 SMA50 SMA249
-1σ +1σ 49,15% 43,73% 39,59%
-2σ +2σ 93,42% 86,36% 82,25%
-3σ +3σ 100% 98,62% 98,24%

 

Am SMA50 sehen wir, dass zwischen -1σ und +1σ deutlich weniger Werte liegen als bei einer Normalverteilung (68,27%). Für unsere Zwecke sind aber die Werte bei 2σ und 3σ ausreichend, da die daraus resultierenden Wahrscheinlichkeiten bereits reichen, um profitabel zu handeln.

 

Ein Beispiel

Zur Veranschaulichung tragen wir die Werte einmal für den DAX in der folgenden Grafik ab:

sigma_delta_single

 

Wir sehen recht schnell, wie das "Corona-Virus" im März zu einem sogenannten 3-SIGMA Ereignis geführt hat. Also zu einer Situation, wo der Kurs trotz 99,73% Wahrschinlichkeit weiter gefallen ist. Wir sehen aber auch, dass (+/-) 2σ  vier mal nach oben gebremst hat und zwei mal nach unten.

Sondersituation im S&P500 aktuell

Wir können nun natürlich auch diese Werte für eine ganze Gruppe von Aktien berechnen und darstellen. Für den S&P 500 ergibt sich diese Woche eine recht beeindruckende Situation.

sigma delta

Am Donnerstag ist von den 500 Werten kein einziger im Bereich kleiner -1σ gewesen. Also kein Wert ist überverkauft gewesen. Eine solche Stärke im S&P 500 ist extrem ungewöhlich. Fast 70% aller Werte sind im überkauften Bereich gewesen.

Die Frage nach einer Korrektur drängt sich natürlich auf. Aber eine bessere Frage wäre vielleicht, WIE eine mögliche Korrektur aussehen könnte. In der Vergangenheit sind V-Formationen, also schnelle Abverkäufe und anschließende schnelle Käufe von einer ausgeprägten Seitwärtsbewegung geprägt gewesen. Eine solche eher wagerechte Konsolidierung kann einen überkauften Zustand auch abbauen. Wir müssen also nicht zwangsläufig starke abwärts gerichtete Bewegungen sehen.